Insolvenz bei Einzelunternehmen: Insolvenzverfahren anmelden & die Chance auf Restschuldbefreiung
Gerät ein Einzelunternehmen in eine bedrohliche finanzielle Situation, kann eine Insolvenz nicht nur unabdingbar, sondern sogar vorteilhaft sein. Neben der Betriebsinsolvenz ist die Privatinsolvenz für Selbstständige eine Option, wenn sie ihre Tätigkeit bereit aufgegeben haben.
Der große Vorteil einer Insolvenz für dich als Solo-Unternehmer liegt in der Restschuldbefreiung. So hast du die Chance, bereits nach drei Jahren wieder schuldenfrei zu sein.
Lies weiter und erfahre alles über das Insolvenzverfahren für Einzelunternehmer!
Einzelunternehmen Insolvenz – die wichtigsten Fakten:
- Anders als bei Kapitalgesellschaften besteht für Einzelunternehmer keine Insolvenzantragspflicht.
- Wenn ein Einzelunternehmer überschuldet oder zahlungsunfähig ist, steht es ihm jedoch frei, Insolvenz zu beantragen.
- Je nach Rahmenbedingungen kann sich eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz eignen.
- Für Selbstständige ist vor allem die Restschuldbefreiung von Vorteil: Nach drei Jahren besteht die Möglichkeit, dass restliche Schulden erlassen werden. Schuldner haben so die Chance, innerhalb einer kurzen Zeit schuldenfrei zu werden.
Warum ein Einzelunternehmen Insolvenz anmeldet
Grundsätzlich meldet ein Einzelunternehmen Insolvenz an, wenn es in eine schwierige finanzielle Lage gerät. Wenn deine Einzelfirma zahlungsunfähig wird und du kein Geld dafür hast, offene Schulden zu begleichen, solltest du handeln.
Je schneller, desto besser – so kannst du verhindern, dass sich ein immer größerer Schuldenberg anhäuft.
Das Ziel des Insolvenzverfahrens: Es sollen möglichst viele Schulden bei den Gläubigern abbezahlt werden. Handelt es sich um mehrere Gläubiger, soll die Abzahlung möglichst fair verlaufen.
Das große Problem für dich als Einzelunternehmer ist, dass dabei auch deine privaten Ersparnisse in Gefahr sein können. Das liegt daran, dass du nicht nur mit dem Vermögen des Unternehmens, sondern auch mit deinem gesamten Privatvermögen haftest.
Deshalb wird dieses zur Insolvenzmasse dazugezählt und kann verwertet werden, um die Forderungen von Gläubigern zu befriedigen.
Indem du rechtzeitig eingreifst und dich insolvent meldest, kannst du zumindest versuchen, einen Teil der Schulden abzubezahlen und, bei Erteilung der Restschuldbefreiung, nach drei Jahren schuldenfrei sein.
Rechtliches zum Insolvenzverfahren bei Einzelunternehmen
Für viele Unternehmen gilt die Insolvenzantragspflicht: Sie müssen rechtzeitig einen Antrag auf Insolvenz stellen. Diese Pflicht haben zum Beispiel Kapitalgesellschaften wie die GmbH, nicht aber Einzelunternehmer.
Für dich als Selbstständiger besteht demnach auch kein Risiko der Insolvenzverschleppung. Davon spricht man, wenn sich ein Unternehmen damit Zeit lässt, einen notwendigen Insolvenzantrag zu stellen.
Details und Rahmenbedingungen zum Thema Insolvenz sind in der Insolvenzordnung (InsO) festgelegt. Dazu gehören unter anderem die Gründe, aufgrund derer ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden darf.
Wenn ein Unternehmen Insolvenz beantragen möchte, sind die allgemeinen Gründe dafür eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung.
Arten von Insolvenz für Einzelunternehmer: Regelinsolvenz, Verbraucherinsolvenz, Privatinsolvenz oder Firmeninsolvenz?
Grundsätzlich wird zwischen zwei verschiedenen Insolvenzverfahren unterschieden: der Insolvenz für Firmen und der Insolvenz für Privatpersonen:
- Die Regelinsolvenz (auch Firmeninsolvenz, Betriebsinsolvenz oder Unternehmensinsolvenz) wird in den meisten Fällen angewendet und entspricht dem Prozess, wenn Kapitalgesellschaften Insolvenz anmelden müssen.
- Die Verbraucherinsolvenz (auch Privatinsolvenz) ist für Selbstständige erst nach der Beendigung ihrer Selbstständigkeit möglich. Voraussetzungen sind, dass weniger als 20 Gläubiger und keine offenen Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bzw. Verbindlichkeiten an ehemalige Angestellte vorhanden sind. Zudem musst du beweisen können, dass du bereits versucht hast, dich außergerichtlich mit deinen Gläubigern zu einigen, und dies gescheitert ist. Es handelt sich dabei um ein etwas vereinfachtes Verfahren, das sich ausschließlich an Privatpersonen wendet.
Wenn du versuchen möchtest, dein Einzelunternehmen weiterzuführen, ist die Regelinsolvenz besser geeignet. Im Gegensatz dazu eignet sich eine Privatinsolvenz für ehemals Selbstständige, die ihre Tätigkeit bereits beendet haben.
Ablauf des Insolvenzverfahrens
Egal, ob Privat- oder Firmeninsolvenz: Der Ablauf der Beantragung und des Verfahrens ist in der Regel gleich oder zumindest sehr ähnlich.
Diese Schritte durchläufst du, um ein Insolvenzverfahren zu beantragen:
- Drohende Zahlungsunfähigkeit: Wenn du merkst, dass du Forderungen nicht bezahlen kannst und sich immer mehr Schulden ansammeln, solltest du handeln. Ein Insolvenzverfahren gibt dir jetzt die Möglichkeit, dein Unternehmen zu sanieren, Schulden abzubauen und eine Restschuldbefreiung zu erlangen.
- Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht stellen: Auch wenn eventuell einer deiner Gläubiger (z. B. ein Lieferant oder das Finanzamt) bereits einen Fremdantrag eingereicht hat, solltest du zusätzlich selbst einen Insolvenzantrag bei Gericht stellen. Das für dich zuständige Insolvenzgericht findest du auf der Website des Justizportals des Bundes.
- Antrag auf Restschuldbefreiung stellen: Dieser Antrag sollte zusammen mit dem Insolvenzantrag gestellt werden. Wenn du dies vergisst, muss dich das Gericht zwar auf die Möglichkeit der Restschuldbefreiung hinweisen – trotzdem ist es besser, den Antrag gleich bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.
- Vorläufiges Verfahren: Sobald alle Unterlagen eingegangen sind, wird dein Antrag geprüft. Diese Prüfungsphase bis zur eigentlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens nennt sich vorläufiges Insolvenzverfahren. Dabei wird geprüft, ob alle Voraussetzungen erfüllt werden (Insolvenzgrund vorhanden, Antrag korrekt, genügend Geld vorhanden, um zumindest die Verfahrenskosten zu decken).
- Eröffnung des Verfahrens: Das Gericht ernennt nun einen endgültigen Insolvenzverwalter (oft nimmt der vorläufige Verwalter diese Position ein) und eröffnet das Insolvenzverfahren. Der Verwalter ist dafür zuständig, die sogenannte Insolvenzmasse zu bestimmen – dazu gehört im Fall von Einzelunternehmen auch das Privatvermögen. Das Ziel ist es, Schulden bei den Gläubigern abzubezahlen, etwa indem Wertgegenstände veräußert werden.
- Alternative – Sanierung: Hat der Verwalter Hoffnung, dass deine Zahlungsunfähigkeit nur von kurzer Dauer ist, wird stattdessen ein Sanierungsplan oder Insolvenzplan erstellt. Die Gläubiger müssen diesem aber zustimmen, denn in vielen Fällen bedeutet das einen Nachteil für sie.
- Beendigung des Insolvenzverfahrens: Steht keine Sanierung zur Debatte, wird das Unternehmen liquidiert und alle Vermögenswerte veräußert, um die offenen Forderungen zu bezahlen. Dann folgt die dreijährige Wohlverhaltensphase. Während dieser Zeit musst du ein regelmäßiges Einkommen anstreben, um die Restschulden langsam zu begleichen. Hast du dich vorbildlich verhalten, wird die Restschuldbefreiung erteilt und damit deine restlichen Schulden nach Ablauf der drei Jahre erlassen.
Trotz Insolvenz selbstständig tätig bleiben – geht das?
Einzelunternehmer dürfen auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter selbstständig tätig bleiben. Sogar die Gründung eines neuen Unternehmens ist grundsätzlich erlaubt.
Voraussetzung für beide Szenarien ist jedoch, dass der Insolvenzverwalter dem zustimmt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn der Businessplan angepasst oder die Insolvenz von einem einzelnen ungünstigen Vorfall ausgelöst wurde (z. B. weil ein Großkunde seine Rechnung nicht beglichen hat).
In jedem Fall steht während der Wohlverhaltensphase im Fokus, dass du ein regelmäßiges Einkommen erwirtschaftest, um deine Schulden abzubezahlen. Dabei musst du selbstverständlich nicht dein gesamtes Einkommen abgeben, sondern lediglich den pfändbaren Teil.
Die Pfändungsfreigrenze richtet sich dabei nach deinem monatlichen Nettolohn und einer etwaigen Unterhaltspflicht. Wer weniger als 1.500 Euro verdient, muss nichts abgeben. Verdienst du beispielsweise 2.000 Euro monatlich (keine Unterhaltspflicht), werden 355,78 Euro fällig.
Im Hinblick auf ein Insolvenzverfahren ist es sinnvoll, ein Pfändungsschutzkonto zu eröffnen. So kannst du sicherstellen, dass dein Geld bis zur Pfändungsgrenze auch sicher nicht gepfändet werden kann.
Insolvenzverfahren als Chance für Selbstständige
Weil im Normalfall redlichen Schuldnern die Restschuldbefreiung erteilt wird, kann ein Insolvenzverfahren für Selbstständige die Chance auf eine Schuldenregulierung sein. Dies ist dabei natürlichen Personen vorbehalten – eine GmbH bekommt keine Restschuldbefreiung.
So vermeidest du es, nach dem Insolvenzverfahren auf einem Schuldenberg sitzen zu bleiben, den du jahrelang abbezahlen müsstest. Du hast die Chance, nach drei Jahren schuldenfrei zu sein und kannst meist sogar deine selbstständige Tätigkeit weiterführen oder ein neues Unternehmen gründen.
Allerdings hat eine Insolvenz natürlich auch seine Nachteile:
- Kosten für das Gerichtsverfahren, den Insolvenzverwalter und etwaige Beratungen
- Schufa-Eintrag (wird nach 6 Monaten gelöscht)
- Insolvenz ist öffentlich für alle im Insolvenzregister einsehbar (kann zu Vertrauensproblemen führen)
Beachte außerdem unbedingt, dass der Erlass deiner Restschulden nicht immer gewährt wird. Verhältst du dich in der Wohlverhaltensphase nicht nach den Vorgaben, kann dir die Restschuldbefreiung versagt werden. Gläubiger können ihre Forderungen dann immer noch einfordern und beispielsweise Zwangsvollstreckung anordnen lassen.
Insolvenz als Einzelunternehmer: Tipps
Hier findest du hilfreiche Tipps, wie du die Insolvenz als Einzelunternehmer erfolgreich navigierst:
- Reagiere rechtzeitig. Wenn du merkst, dass dein Unternehmen in eine finanzielle Schieflage gerät und sich die Schulden anhäufen, solltest du unbedingt einen Insolvenzantrag stellen oder dich von einem Experten beraten lassen.
- Versuche, dein Unternehmen zu sanieren. Der Plan zur Restrukturierung deines Unternehmens muss vom Unternehmer, also dir selbst, erstellt und vorgestellt werden.
- Vergiss nicht, gleichzeitig mit deinem Insolvenzantrag einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Für dich als Privatperson ist dies eine riesige Chance, deine Schulden schnell abzubauen.
- Fülle den Antrag mit Bedacht aus. Bedenke, dass dein Insolvenzverfahren nur eröffnet wird, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind (Grund vorhanden, Antrag korrekt gestellt, genügend Vermögen für Verfahrenskosten vorhanden).
Fazit: Insolvenz als Chance für Einzelunternehmen
Wer als Unternehmer in eine finanzielle Schieflage gerät, bekommt mit einer Insolvenz die Chance auf einen Neustart ohne Schulden. Besonders vorteilhaft für dich als Einzelunternehmer ist die Möglichkeit der Restschuldbefreiung, die Kapitalgesellschaften nicht genießen.
Um gar nicht erst in eine ungünstige Lage zu kommen, solltest du stets deine Finanzen sowie deinen Geschäftsplan im Blick behalten. Zusätzlich hast du die Möglichkeit, dich von Experten wie Steuer- und Finanzberatern unterstützen zu lassen. So schaffst du es, ein langfristig erfolgreiches Business aufzubauen!
In meinem Blog findest du zahlreiche Informationen und Praxis-Tipps rund um das Thema Selbstständigkeit und Existenzgründung. Dort liest du beispielsweise, warum sich ein Steuerberater für Einzelunternehmen lohnen kann und welche Rechtsform sich für dein Business am besten eignet.
FAQ
Muss ich als Selbstständiger Insolvenz beantragen, wenn ich zahlungsunfähig bin?
Als Einzelunternehmer unterliegst du nicht der Insolvenzantragspflicht, wie es etwa bei einer GmbH der Fall ist. Es steht dir allerdings frei und ist zu empfehlen, wenn dein Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät.
Darf ich während des Insolvenzverfahrens weiter arbeiten?
Mit der Zustimmung des Insolvenzverwalters darfst du weiter trotz Insolvenz selbstständig tätig sein. Wenn du glaubhaft machen kannst, dass du auf diese Weise etwas verdienen kannst, wird dies meistens erlaubt. Ansonsten bist du während der Wohlverhaltensphase dazu verpflichtet, dich um ein Angestelltenverhältnis zu bemühen.
Wie werden meine Schulden abbezahlt?
Der Insolvenzverwalter ermittelt deine Insolvenzmasse – das ist das gesamte Geld, das dir zur Verfügung steht. Dazu gehört für dich als Einzelunternehmer nicht nur das Geschäftsvermögen, sondern außerdem dein privates Vermögen.
Kann mein Insolvenzantrag abgelehnt werden?
Wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um zumindest die Kosten für den Prozess zu decken (u. a. Gerichtskosten) kann es sein, dass dein Insolvenzverfahren nicht eröffnet wird.
Geht in der Wohlverhaltensphase mein gesamtes Einkommen an den Insolvenzverwalter bzw. meine Gläubiger?
Nein, du musst nicht dein gesamtes Einkommen abgeben, sondern lediglich das, was über die Pfändungsfreigrenze geht. Diese richtet sich nach deinem Nettoverdienst und etwaigen Unterhaltsabgaben, die du leisten musst.